Geckos aus dem Tierheim oder der Auffangstation eine zweite Chance geben

Immer mehr Reptilienliebhaber erkennen, dass Adoption nicht nur für Hunde und Katzen, sondern auch für Geckos ein wertvoller Beitrag zum Tierwohl ist. In Deutschland, aber zunehmend auch in weiteren europäischen Ländern, existieren spezialisierte Reptilienauffangstationen und einige wenige Tierheime, die verlassene oder aus schlechten Haltungsbedingungen befreite Geckos betreuen. Dieser Artikel widmet sich den Hintergründen, Voraussetzungen und dem Ablauf, wenn Interessierte einem Gecko aus dem Tierheim oder der Auffangstation eine neue, artgerechte Heimat bieten möchten.
1. Warum Geckos im Tierheim landen
- Unwissen und Fehlinvestitionen
Viele Menschen entscheiden sich spontan für ein „exotisches Haustier“, ohne sich ausreichend über Haltung, Terrarium-Einrichtung oder Futterbedarf zu informieren. Sobald die anfängliche Begeisterung nachlässt oder finanzielle, zeitliche und platztechnische Herausforderungen überwiegen, geben manche Halter ihre Geckos ab. - Falsche Gruppenhaltung
Anders als zahlreiche Säugetiere vertragen viele Gecko-Arten nur bestimmte Sozialformen. Fehlende Artenkenntnisse führen häufig zu Revierkämpfen, Stress oder Verletzungen innerhalb der Gruppen. Werden mehrfach Tiere vergesellschaftet, kann das oft nicht rückgängig gemacht werden, sodass Halter ihre Geckos in Notstationen abgeben. - Unzureichende Pflege
Mangels passender Hitzequellen (z. B. Hitze-Spot, UVB-Beleuchtung), fehlerhaftem Substrat oder fehlender Hygienemaßnahmen erkranken Reptilien schnell an Mangelerscheinungen, Haut-Pilzerkrankungen oder Parasitenbefall. Ist die Erkrankung zu weit fortgeschritten, suchen private Halter Hilfe in Auffangstationen. - Überraschende Zucht
Geckos vermehren sich bei schlechten Haltungsbedingungen ungeplant. Oft landen viele Eigelege und Jungtiere mangels Nachfrage oder Platz in Auffangstationen.
2. Reptilienauffangstationen und spezialisierte Einrichtungen
Zwar sind Reptilien in kommunalen Tierheimen noch selten anzutreffen, doch einige spezialisierte Auffangstationen in Deutschland, Österreich und der Schweiz haben sich genau auf die Versorgung von Exoten, darunter Geckos, spezialisiert:
- Reptilienzoo Europa e. V. (Schleswig-Holstein): Betreut neben Schlangen und Schildkröten auch Geckos in großen Auffangbecken.
- Auffangstation Reptilienstation „Herpers Angels“ (Nordrhein-Westfalen): Eng verzahnt mit registrierten Tierärzten, Ausbildung von Fachpersonal für artgerechte Haltung.
- ReptilienNothilfe e. V. (Bayern): Netzwerk aus Gemeinden, Tierärzten und Privatpersonen, die Fachspenden aus dem Handel und von Haltern koordinieren.
Diese Organisationen arbeiten eng mit Zoologen, Tierärzten und Tierschutzvereinen zusammen. Das Ziel: Adoptionsinteressenten umfangreich zu beraten, bevor ein Gecko ausgegeben wird.
3. Vorteile der Adoption aus Tierheim oder Auffangstation
- Tierschutzaspekt
Durch Adoption verringert sich das Leid der Tiere: Geckos erhalten eine zweite Chance, statt im Handel oder als unerwünschte Jungtiere enden zu müssen. - Vermeidbarer Wildfang
Viele Gecko-Arten sind in ihren Ursprungsländern bedroht. Adoptionen aus Auffangstationen reduzieren den Druck auf Wildpopulationen – Wildfänge sinken. - Fundiertes Fachwissen
Jeder adoptierte Gecko wurde auf Gesundheit geprüft, fachgerecht untergebracht und hat meist bereits Grundverhalten erlernt (z. B. Futteraufnahme bei Menschen). - Kontinuierliche Betreuung
Auffangstationen stehen nach der Adoption weiterhin als Ansprechpartner zur Verfügung – sei es zur Terrariumeinrichtung, Gesundheitsfragen (z. B. Melanose, Parasiten) oder Verhaltensberatung.
4. Vorbereitung auf die Adoption
Bevor Interessentinnen und Interessenten eine Adoption in Betracht ziehen, sollten folgende Punkte beachtet werden:

4.1. Platz und Terrariumausstattung
- Größe: Mindestens 60 – 80 cm Länge sind bei den meisten Geckos nötig, für beispielsweise Kronengeckos (Rhacodactylus spp.) sogar 120 × 60 × 60 cm.
- Beleuchtung: UVB-Leuchtstoffröhren oder LED-Module, angepasst an Art und Herkunft (Madagaskar vs. Wüste) – Infos dazu z. B. auf der Deutschen Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde e. V. (DGHT).
- Heizsystem: Tag- und Nachttemperaturzonen durch Spot-Strahler, Heizmatten und Thermostate.
4.2. Artgerechte Haltung
- Substratwahl: Torffreie Erden, Korkrinden oder Sand-Lehmgemische, je nach Art.
- Verstecke: Höhlen, Korkrinden oder Halongruben für stressfreie Ruhephasen und Häutung.
- Pflanzen: Echte oder künstliche Bromelien, Farne sowie UV-beständige Kletterpflanzen für die natürliche Klimagestaltung.
4.3. Finanzielle und zeitliche Ressourcen
- Arzneimittel: Tierarzthonorare, etwa für Wundversorgung bei Verletzungen, Kotuntersuchungen und Hygienemaßnahmen.
- Laufende Kosten: Futterinsekten (Heimchen, Grillen), Vitalpräparate (Kalziumcarbonat, UV-Vitaminzusätze) und Strom für Beleuchtung.
5. Der Adoptionsprozess: Schritt für Schritt
In der Regel gliedert sich die Neubesetzung eines Geckos aus einer Auffangstation in folgende Phasen:
5.1. Erstinformation und Beratung
In Telefonaten oder persönlichen Gesprächen klären Betreuerinnen und Betreuer mit Interessenten Haltungsfragen – vom Terrariumbau bis zur Futterkarriere.
5.2. Vor-Ort-Kontrolle / Foto-Check
Ein geschulter Mitarbeiter prüft (vorab per Foto oder vor Ort), ob Terrarium, Technik und Zubehör den Mindestanforderungen entsprechen.
5.3. Einführungsgebühr und Schutzvertrag
Oft wird eine Schutzgebühr erhoben, die u. a. die Kosten für Pflege und tierärztliche Betreuung deckt. Gleichzeitig wird ein schriftlicher Adoptionsvertrag geschlossen, der Haltungsauflagen und Rückgaberechte definiert.
5.4. Übernahme und Nachsorge
Bei der Übergabe erhalten Adoptierende in der Regel ein ausführliches Dossier mit Artprofil, Temperaturschema und Tipps zu Ernährung und Vermehrungsprävention. Nach einigen Wochen folgt oft eine Rückfrage oder ein Kontrollbesuch, um den Integrationsverlauf zu begleiten.
6. Häufige Herausforderungen und Lösungsansätze
6.1. Futterannahme
Manche Geckos verweigern nach Ortswechsel ihr gewohntes Futter. Hier helfen:
- Futterschwämme oder Pinzettentraining, um die Futterreaktion zu reaktivieren.
- Schrittweise Umstellung auf neue Insektenarten und Anreichern mit Vitamin-Kalziumpulver.
6.2. Häutungsprobleme (Dysecdysis)
Neue Umweltreize können den Häutungsprozess stören. Maßnahmen:
- Erhöhung der Luftfeuchtigkeit in einem separaten Häutungs-Töpfchen (moosgefüllt).
- Sanfte Bäder in lauwarmem Wasser, um das alte Häutungssegment aufzuweichen.
6.3. Stressverhalten
Anfangs fliehen oder verstecken sich Reptilien häufig. Unterstützend wirkt:
- Reduzierte Handlingzeiten in den ersten Tagen.
- Biozertifizierte Pheromon-Diffusoren, um die Terrarienatmosphäre zu beruhigen.
7. Langfristige Perspektive: Betreuung und Verantwortung
Adoption bedeutet lebenslange Verantwortung. Geckos können – je nach Art – 10 bis 20 Jahre alt werden. Adoptierende sollten sich daher:
- Fortlaufend fortbilden, z. B. über Fachpublikationen der DGHT oder Reptilia e. V..
- Bei Anzeichen von Krankheit umgehend spezialisierte Reptilientierärzte konsultieren (Infos etwa bei der BTK).
- Den Tierschutzgedanken weitertragen und im Freundeskreis oder in sozialen Medien für Adoption werben.
8. Geckos aus Tierheimen und Auffangstationen adoptieren
Geckos aus Tierheimen und Auffangstationen zu adoptieren, bietet eine Win-Win-Situation: Die Tiere finden ein neues, artgerechtes Zuhause, während die Wildpopulationen und privaten Auffangstationen entlastet werden. Voraussetzung ist eine sorgfältige Vorbereitung, fachkundige Beratung und langfristige Betreuung. Mit der nötigen Leidenschaft, dem richtigen Know-how und kontinuierlicher Weiterbildung können Reptilienfreunde ihren neuen Mitbewohnern eine echte zweite Chance geben.
Weiterführende Links:
- Wikipedia – Gecko
- Deutsche Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde (DGHT)
- Bundestierärztekammer – Liste reptilienkundiger Tierärzte