Die Gangarten beim Pferd
Die Gangarten und die Verteilung sind bei den heutigen Pferderassen das Ergebnis jahrhundertelanger Zucht. Ursprünglich hatten alle Wildpferde das gesamte Gangrepertoire in ihren Genen. Kutschen und Kavallerie forderten aber in gleichem Tempo laufende Pferde. So wurden in Europa Dreigänger gezüchtet. In Asien und Südamerika schätzt man dagegen die bequemen Gänge von Tölt und Pass.
Reiten im Schritt
Der Schritt ist die langsamste Gangart und ein gleichmäßiger Viertakt, bei dem immer zwei oder drei Beine gleichzeitig Bodenkontakt haben. Zuerst fußen das Hinterbein, danach das Vorderbein einer Seite ab, anschließend in gleicher Reihenfolge die Beine der anderen Seite. Im Schritt sucht das Pferd Nahrung. Während Schritt die beliebteste Gangart bei Reitanfängern ist, weil das Pferd sie dabei ruhig durch die Bahn trägt, fürchten erfahrene Turnierreiter ihn, da es nämlich gar nicht so einfach ist, ihn vor kritischen Richteraugen im richtigen Tempo in guter Haltung und mit Ausdruck zu reiten. Das Anreiten im Schritt erfolgt, indem der Reiter sein “ Kreuz anspannt“ und mit den Unterschenkeln beidseitig einen kurzen Impuls gibt. Die Hand gibt nach. Das Pferd setzt sich mit einer fließenden Rückenbewegung in Gang. Die Reiterbeine berühren dabei den Pferdebauch abwechselnd links und rechts, abhängig davon, welches Hinterbein gerade abfußt. Läuft das Pferd fleißig wird nicht aktiv weitergetrieben. Hände und Unterarme gehen bei konstanter Zügellänge in der leichten Nickbewegung des Pferdes mit. Ein guter Schritt ist fleißig. Die Hinterbeine treten über die Spur der Vorderbeine nach vorne. Das Pferd gibt im Genick nach und trägt den Kopf in der Senkrechten. Schlurft das Pferd träge, muntert man es durch Treiben mit Kreuz, Schenkeln und einem Impuls mit der Gerte auf, was besser ist als ständiges Klopfen am Bauch. Eilt das Pferd im Schritt, bremst man es durch halbe Paraden. Schritt wird zu Anfang und Ende einer Reitstunde mit langem Zügel geritten, um das Pferd aufzuwärmen oder zu entspannen. Während der Stunde dient der Schritt dem Reiten verschiedener Lektionen, aber auch als Entspannungsphase zwischendurch. Im Gelände ist der Schritt die Hauptgangart, vor allem auf längeren Strecken.
Reiten in Tölt und Pass
Tölt ist ein Viertakt mit derselben Fußfolge wie der Schritt, es haben jeweils nur ein oder zwei Beine gleichzeitig Bodenkontakt. Ohne Schwebephase ist er für den Reiter sehr bequem. Der Tölt kann vom langsamen Tempo bis zum Renntölt geritten werden, wobei es zu unerwünschten Taktverschiebungen in Richtung der Zweitakte Trab und Pass, aber auch in Richtung zum Dreitakt kommen kann. So vielfältig wie die Gangveranlagung der Pferde ist, so variantenreich sind auch die Taktstörungen. Nur wenige Gangpferde gehen in allen Tempi wirklich taktklaren Viertakttölt. Schon deshalb gibt es die “ Tölthilfe“ wie in den Grundgangarten nicht. Da im Tölt jedoch die Tragkraft eine größere Bedeutung spielt als die Schubkraft, zielen alle Hilfen zum taktklaren Tölt auf eine verstärkte Lastaufnahme der Hinterhand ab. Nur das Islandpferd und amerikanische Passer gehen Rennpass. Der Pass ist ein deutlich zum Zweitakt verschobener Viertakt mit Schwebephase. Dabei bewegen sich die Beinpaare einer Seite gleichzeitig. Das Hinterbein fußt Sekundenbruchteile vor dem Vorderbein auf. Die Pferde werden in der Regel aus dem Galopp in den Pass “ gelegt“. Rennpass ist etwas für Profis. Die Pferde müssen dazu eine gute Ausbildung haben, zudem muss eine körperliche und geistige Reife vorliegen, denn die Anforderungen sind sehr hoch.
Reiten im Trab
Der Trab ist eine Gangart im mittleren Tempo und ein Zweitakt mit Schwebephase. Die diagonalen Beinpaar fußen dabei abwechselnd ab, wobei sich die diagonalen Beinpaare abwechselnd ab fußen. Dazwischen liegt die Schwebephase. Der Dressurreiter variiert im Trab zwischen Piaffe und starkem Trab. Traben ist meist die erste Bewährungsprobe für die Sattelfestigkeit des Reitanfängers. Durch die Schwebephase und das gleichzeitige Auffußen zweier Beine wird der ungeübte Reiter aus dem Sattel gehoben und fällt unsanft wieder zurück. Wer schnell lernt im Auf und Ab des Trabs auch in die leichte Vorwärtsbewegung hineinzusitzen, wird schon bald viel Spaß dabei haben. Angetrabt wird meist aus dem Schritt, später auch aus dem Stand. Mit einer halben Parade macht der Reiter das Pferde auf die bevorstehende Aufgabe aufmerksam. Er spannt das Kreuz an und treibt gleichzeitig mit den Schenkeln am Gurt. Die Hand gibt leicht nach. Sind Reiter und Pferd entspannt, sind die Bewegungen für beide schwungvoll und angenehm. Besonders Anfängern fällt es schwer, die Muskulatur loszulassen. Das Pferd reagiert mit Anspannen der Rückenmuskulatur und wird unbequem. Da hilft nur noch, dass man ein – und ausatmet, was die Reitermuskulatur und vor allein im Gesäß löst. Leichttraben ist in der Lösephase zu Beginn einer Reitstunde, aber auch zwischendurch zum Lockern der Pferdemuskulatur angesagt. Auch im Gelände wird der Reiter meist leichttraben. Auf langen, geraden Strecken sollte er dabei immer wieder den „Fuß wechseln“, was bedeutet, dass der Schritt ausgesetzt wird. So wird eine einseitige Belast6ung des Pferdes vermieden.
Reiten im Galopp
Der Galopp ist ein gesprungener Dreitakt mit schaukelnder Bewegung. Abhängig davon, welches diagonale Beinpaar sich bewegt und welches Vorderbein weiter ausgreift, unterscheidet man zwischen Rechts- und Linksgalopp. Pferde, die fliehen, galoppieren. Mit Spannung und Kribbeln im Bauch erwarten viele Reitschüler ihren ersten Galopp, doch meist dauert es nicht lange und sie freuen sich auf die schnellste und nach dem Schritt bequemste Gangart. In der Bahn reitet man Handgalopp, was bedeutet dass auf der „rechten Hand“ ein Rechtsgalopp, auf der „Linken Hand“ ein Linksgalopp erfolgt. Dazu muss das Pferd leicht nach innen gestellt sein: Der Reiter sieht das innere Auge und den Nüsternrand. Geht das Pferd im “ Außengalopp“ also genau andersherum als erwünscht, pariert man durch und versucht es erneut. Zum Angaloppieren treibt der innere Schenkel. Der äußere liegt verwahrend eine Hand breit hinter dem Gurt und sorgt dafür, dass das Pferd dem Druck des treibenden Schenkels nicht nach außen hin weicht, sondern nach vorne anspringt. Durch die korrekte Haltung der Beine findet das Gesäß automatisch die richtige Lage und das Gewicht verlagert sich leicht auf den inneren Gesäßknochen. Die innere Hand gibt weich nach und macht dem Pferd die innere Schulter zum korrekten Angaloppieren frei. Geschafft! Das innere Bein treibt und der Reiter geht entspannt mit dem Becken in der schaukelnden Pferdebewegung mit.
Reiter sollten sich in allen Gangarten stets der Fußfolge des Pferdes bewusst sein, denn nur so können sie punktgenaue Hilfen geben. Das ist wie die Beherrschung der Noten beim Musizieren.
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